Karikaturen-Ausstellung

Mit Lachen gegen die Armut!

Lachen und Humor ist Quelle und Ausdruck von Lebensenergie. Durch Lachen erreicht man unerwartete Reaktionen bei den Anderen, dabei können sich neue überraschende Wege eröffnen. Lachen ist jedem zugänglich, das hat die Welt (eigentlich!) im Überfluss. Daher kann man es wohl als das demokratischste Mittel überhaupt bezeichnen. Lachen ist Elixier gegen Resignation und befreiendes, Kraft spendendes Mittel im Kampf gegen gedankliche Enge und Alternativlosigkeit. Und gerade heute brauchen wir dringend Alternativen und Mut, um zu handeln.

Diese Webseite thematisiert und visualisiert auf ungewöhnliche Weise, mit Mitteln der Ironie und Satire, die Millenniumsentwicklungsziele. Sie wurden im Jahr 2000 von 191 UNO-Mitgliedsstaaten feierlich verabschiedet – ein gigantisches, in seiner Zielsetzung bisher einmaliges Armutsbekämpfungsprogramm -, das bis zum Jahr 2015 umgesetzt werden soll. Die erste Zwischenüberprüfung nach fünf Jahren fand im September 2005 bei der UNO in New York statt und brachte nicht die gewünschten Ergebnisse. Der Kontinent, in dem die wenigsten Fortschritte erzielt worden sind, ist Afrika.

Seither engagieren sich Millionen von Menschen um die Verwirklichung der Millenniumsentwicklungsziele zu unterstützen, so auch unser Verein Dialog International – Fördergemeinschaft für demokratische Friedens-Entwicklung e.V.

Das Dritte Welt Journalisten Netz und die Zeitschrift „eins Entwicklungspolitik“, organisierten 2005 einen internationalen Karikaturenwettbewerb, an dem sich fast 300 Karikaturisten aus aller Welt beteiligten, um diese Bilanz kritisch zu beleuchten. Dialog International hat eine Auswahl der gelungensten Karikaturen für eine Wanderausstellung zusammengestellt, die bereits seit vier Jahren bundesweit tourt. Aufgrund des großen Erfolgs haben wir weitere Karikaturenausstellungen in unserem Programm aufgenommen, die vor allem aus dem Blick Afrikas, mit den Augen von afrikanischen Karikaturisten, die eklatante Kluft zwischen Nord und Süd aufzeigen.

Machen Sie mit – lachen Sie mit! Tragen auch Sie dazu bei, dass Armut Geschichte wird! Wir sind die erste Generation, die über die Ressourcen und die technischen Möglichkeiten verfügt, um die extreme Armut in der gesamten Welt abzuschaffen. Die Karikaturen entschlüsseln auf frappierende Art und Weise die Gründe von Armut und verdeutlichen die globalen politischen, wirtschaftlichen und soziokulturellen Zusammenhänge. Sie helfen uns Alternativen zu finden!


Karikaturisten sind Seismographen

Eins ist sicher: Ohne die unnachahmliche Fähigkeit der Menschen für Humor würde es wohl keine Karikaturen und Comics geben. Die Fähigkeit zu lachen vereint die Menschen über Länder- und Kontinentgrenzen hinweg. Karikaturisten sind wie Sensoren. Sie erspüren die Themen, die den Nerv der Zeit treffen, bündeln sie mit viel Sensibilität und lassen sie, durch ihre Blicke und Hände neu und präzise formuliert, sichtbar werden. Dazu gehört eine Menge Mut, nicht nur in Afrika, und ein vernetzender Geist in einer mehr und mehr vernetzten Welt. Denn durch ihr Metier sind sie häufig davon bedroht, unter das Beil der Zensur zu fallen. Und das, weil sie die grandiose Fähigkeit besitzen, Menschen zum Lachen zu bringen und aufzurütteln.

Lachen verbindet die Menschen

Alle Menschen vereint also die Fähigkeit zu lachen, auch wenn wir nicht immer über dasselbe lachen. Ein guter Witz oder eine lustige Geschichte schafft und verbindet Gleichgesinnte und kann im Konfliktfall eine Situation entspannen. Nicht nur im „small talk“ auch in Gesprächen auf hoher politischer Ebene hat gemeinsames Lachen oft schneller Wege zur Annäherung aufgetan, als nüchterne Erläuterungen und damit schon so manche (un)geahnte Konfrontation abgewendet.

Wer bereits mal selbst im häufig als arm und zerrüttet dargestellten Afrika war, wird festgestellt haben, dass die Menschen dort gern und häufig lachen; dass Humor gar eine nicht wegzudenkende Umgangsform darstellt. Vermutlich deshalb, weil Zeitdruck und Konsumorientiertheit dort (noch) weniger im Vordergrund stehen, als das zwischenmenschliche Gespräch und Zeit für einander.

Lachen trennt – Wer lacht hat die Macht

Lachen ist aber auch ein Zeichen für das Beherrschen einer Situation. Lachen ist das Synonym für Überlegenheit. Wer kennt nicht die deutsche Redewendung: „Wir werden noch sehen, wer zuletzt lacht!“ und „Wer zuletzt lacht, lacht am besten“. Der europäische Karneval ist historisch als das Fest des Lachens entstanden, des sanktionierten Verlachens der Mächtigen durch die Machtlosen.

Genauso existierten bzw. existieren in Afrika seit alters her mündliche Formen der Lachkultur wie Spottlieder und -gedichte, Redewendungen sowie Tänze mit entsprechenden Kostümen. Bei Festen, aber auch traditionell bei Gerichtstagen waren ausschlaggebend für einen guten Redner neben Intelligenz vor allem Sprachgewandtheit und Humor. Die z.B. auf Zanzibar verbreitete sehr populäre Liedform des Taarab dient bis heute dazu u.a. brisante politische Themen, Missstände oder Rivalitäten auf höchst künstlerische Weise im Spottversgesang auszutragen.

Auch bei der Bewältigung von Trauer, spielt das Lachen in vielen Teilen Afrikas eine große Rolle. In Zentralafrika sitzen die Trauergäste über mehrere Tage beisammen und es herrscht hier der Brauch, sich lustige Begebenheiten aus dem Leben des Verstorbenen zu erzählen, da man ihm damit am würdevollsten gedenkt und den Schmerz über den Verlust lindert.

Lachen als Waffe im Widerstand gegen alltägliche Missstände und Diktaturen

Hart bis zur Ungerechtigkeit geht man jetzt mit der Obrigkeit ins Gericht. Früher schimpfte man über die Verhältnisse und erhob allgemeine Selbstanklage. Die Afrikaner von heute nehmen kein Blatt vor den Mund und zeigen direkt auf die Verantwortlichen, sei es im eigenen Lande oder außerhalb. Dabei werden von afrikanischen Karikaturisten oft ganz ähnliche Problemen angeprangert, wie anderswo in der Welt: heuchlerische Politik, Unterdrückung der Meinungsfreiheit, Machtmissbrauch, usw.

Karikatur als ein neues Medium in Afrika kann heutzutage über die tägliche Presse ein breites Publikum, vor allem in den Städten, schnell und themenaktuell erreichen. Mit Enthusiasmus eroberten sich afrikanische Journalisten mit scharfer Feder die Karikaturzeichnung und integrierten sie in herkömmliche Widerstandsformen. Satirezeitschriften wie das Journal du Jeudi Hebdromedaire Burkinabé, herausgegeben in Burkina Faso, sind sehr beliebt und stark im Kommen. Im Visier der Karikaturisten finden wir ähnliche lokale und globale Topics wie bei uns: Demokratieverständnis, Korruption, Geschlechter-Ungleichheiten, Folgen von Globalisierung sowie soziale Missstände wie Armut, Mangelwirtschaft und kriegerische Konflikte. Karikaturen in Afrika sind heute ein wichtiges Medium auch bei der Gesundheitserziehung im Bereich der Aidsaufklärung. Ebenso reflektieren sie oft brandaktuelle Reaktionen auf internationale Ereignisse.

Im zweischneidigen Prozess der Globalisierung und des permanenten internationalen Kulturtransfers werden Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Kulturen zunehmend über dieselben Referenz-Systeme (TV, Zeitungen, Radio, Internet) transportiert. Es bestünde also die Möglichkeit, dass Kommunikation auf gemeinsamer intellektueller, symbolischer und mentaler Ebene von mehr und mehr Menschen, auch in Afrika, gemeinsam geführt werden könnte, ohne die heute eine gemeinsame Verantwortung für eine Zukunft unserer Welt nicht mehr abzusichern ist.

Karikaturen kann man wohl unter allen Kunstgattungen am wenigsten beschreiben, man muss sie einfach selbst betrachten, auf sich wirken lassen, um sich ihre symbolische, mentale und intellektuelle Ebene zu erschließen.

Lasst uns nun in die Welt des Humors eintauchen und lasst uns gemeinsam lachen!
© Konzeption der Ausstellungen und Texte: Dr. Maria Németh und Vera Thümmel, Dialog International – Fördergemeinschaft für demokratische Friedens-Entwicklung e.V. – Projektgruppe Kultur und Bildung


Bitterzartes Lachen

Gedanken zu Karikaturen aus Afrika

Das Lachen ist einer ernsthafte Angelegenheit; und Afrika lacht viel. Zu jedem Anlass, gleich ob er freudig oder traurig ist. Lachen ist eine Lebensart, die alles in Frage stellt. Das Lachen klebt an unserer Haut. Wir tragen es mit uns über Grenzen hinweg, ein Leben lang. Das Lachen mischt sich in alles. Die Sklaven haben es im Unterdeck der Schiffe transportiert, um es auf dem Boden der Indios von Amerika auszusäen.

Zur Zeit zieht eine Ausstellung afrikanischer Karikaturen durch Deutschland. Sie stammen aus Uganda, Kenia, Tansania und dem Kongo. Die etablierte Presse hat kaum ein Wort darüber verloren. Eben, es handelt sich nur um Afrika. Und welcher bedeutende Kritiker gibt sich denn  beim Thema Afrika noch Mühe?

Diese Karikaturen richten von Afrika aus einen neuen Blick auf die Welt, und sie bestätigen uns, dass dieser originelle Kontinent lebendiger ist als man meinen möchte. Hinter jedem Bild höre ich Afrika lachen. Dieses ursprüngliche Lachen wurzelt von Anfang an in der Auflehnung der Schöpfung, damals, als die Götter die Welt noch nicht völlig verlassen hatten, und bevor sie uns – Hände und Beine gefesselt – diesem Hütchenspiel auslieferten, das man Politik nennt.

Gewiss ist, wir Afrikaner sind von einer mittelmäßigen, korrupten Elite eingekesselt, die jede Vorstellungskraft übersteigt. Aber wer nimmt sie schon ernst? Afrika jedenfalls nicht. Die große Farce ist enthüllt. Unmittelbar nach der Unabhängigkeit galoppierte das Lachen auf die Politik los, da sie ihre frühere Aura, Hoffnungsträger für die Menschen zu sein, verloren hatte. Die einfachen Leute in unseren Dörfern haben es verstanden, dass die Politik zur absoluten Herrschaft des Betrugs mutierte.

Im Kongo konnte man schon zu jener Zeit den volkstümlichen Ausdruck „Politik machen“ hören. Wenn jemand sich von jemandem übers Ohr gehauen und verschaukelt fühlte, sagte man eben „Mach mir keine Politik!“ Welch subtile Art, gegenüber der Politik seine Missachtung, Respektlosigkeit und seinen Zweifel zum Ausdruck zu bringen!

Die „Zivilisation“ hat uns Jahrhunderte lang mit einem albernen Lachen und vielen erniedrigenden Attributen dargestellt. Das berühmte „Bananenlachen“ oder das von Tintin aus dem Kongo sollte vor allem unsere „naturgegebene“ Unterlegenheit, unsere zurückgebliebene Naivität ausdrücken. Es reicht schon ein kurzer Blick auf die Karikaturen über die „dümmlichen Neger“: immer mit dem fleischigen Lachen der Unterwürfigkeit auf den Lippen, die unbestrittene Überlegenheit der „Zivilisierten“ anerkennend.

Nichts von alldem ist in den Karikaturen zu sehen, von denen ich spreche. Im Gegenteil: da wird der „Zivilisation“ je nach Dienstgrad kräftig ausgeteilt, und der Macht ebenfalls. Hier erneuert sich die alte afrikanische Tradition der Auflehnung, die man schon in den Märchen findet. Ein breites, sarkastisches Lachen, von rebellischer Energie strotzend, die nichts und niemanden verschont. Diese alte Ironie, die sich die Freiheit nimmt, frech zu sein, ist zuweilen sogar so weit getrieben, dass man von der Unvollkommenheit Gottes spricht. Und wenn Gott nicht perfekt ist, wie steht es dann mit seinen Schöpfungen…? Afrika macht sich über die Welt lustig.

In der Kolonialzeit haben die Afrikaner die Kolonisten häufig verspottet. Sie haben ihnen Beinamen gegeben, mit denen sie sie je nach ihren Eigenheiten karikierten. Die Kolonisten haben aber fast nie davon erfahren. Sie verwechselten oft Angst vor Peitschenhieben mit Respekt. Später wandte sich das Lachen der Menschen gegen die neue Elite. Im Kongo nannte man sie „Alleswisser“, die eben, die über alles Bescheid wussten. Auch während der Mobutu-Diktatur machte das Volk seine Witze über den „Großen Leoparden“. Mit Schadenfreude wurden sie ihm von seinen Wachhunden zugetragen. Ein anderes Beispiel: die Bewohner Kinshasas tauften die Diaspora, die M’zé Kabila um sich scharte, sofort auf „Diaspourri“ um, worin das Wortspiel mit „pourri“, verfault, steckte.

Anfang der 70er Jahre haben wir mit einigen Freunden begonnen, in Kinshasa die populäre kongolesische Kunst – „Wata“ genannt – zu fördern. Denn wir bemerkten, dass dieses freche Lachen beinahe gar nicht in der akademischen Kunst vorkam. Die Cheri Sambas und die Mokés waren aber durchaus repräsentativ für das Lachen der einfachen Bevölkerung. Die erste Ausstellung dieser Künstler im Ausland fand in Berlin 1979 anlässlich des ersten Festivals der Weltkulturen „Horizonte“ statt. Mein Freund Jochen Klicker und ich haben diese Initiative ergriffen, weil wir von der Bedeutsamkeit dieser modernen Märchen – aus dem wüsten, bitteren Lachen der Bevölkerung angesichts der Diktatur geboren – überzeugt waren. Man kann diese Karikaturen auch mit der Literatur der neuen Generation von Schriftstellern wie Alain Patrice Nganang aus Kamerun vergleichen. Sein letzter Roman „Hundezeiten“ folgt einem karikierenden Stil und ist eine Tierfabel in echter afrikanischer Tradition. Es handelt sich um einen Hund, der sich die Freiheit und die Frechheit herausnimmt, aus seiner auf allen Vieren kriechenden Hundeposition von ganz unten über die Menschen zu urteilen.

Afrika lacht über den Marsch der „Zivilisation“ in Richtung Fortschritt: immer mit ihren Bomben voran. Es macht sich lustig über diejenigen, die sie ausbeuten. Es lästert über seine üblen Politiker, über die „Demokratur“ und die „Scribatur“, die Herrschaft der Verwaltungs-Schreiberlinge. Das Lachen ist wirklich eine ernsthafte Angelegenheit. Es ist nicht nur der vollendete, spontane Ausdruck der Aufsässigkeit, sondern gleichzeitig auch der menschlichen Zärtlichkeit.

Lachen – die Alten in Afrika wussten, dass der Mensch, so stolz er auch sein mag, nicht mehr Wert hat als das zarte, vertrocknete Blatt eines Wollbaumes. Der Mensch braucht das Blatt des Wollbaumes dringend für sein Überleben, sogar in totem Zustand. Der Wollbaum jedoch braucht den Menschen mitnichten für seine Ewigkeit.
Muepu Muamba (DR. Kongo – Frankfurt am Main) Dialog International – Fördergemeinschaft für demokratische Friedens-Entwicklung e.V.

Übersetzung aus dem Französischen: Dr.Maria Németh Artikel aus der Zeitschrift epd / Entwicklungspolitik 20/2003


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